Von der Anzeige und (anwaltlicher) Begleitung bis hin zu Auskunftsrechten im Strafverfahren oder der Zahlung von Entschädigung: Opfer haben klare Rechte! Ein Übersicht der wichtigsten gesetzlichen Opferschutz-Grundlagen der Strafprozessordnung (StPO) und weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie hier.
Die Strafprozessordnung (StPO) sieht zahlreiche Regelungen für den Schutz von Verbrechensopfern im Strafverfahren vor. Aber wer gilt überhaupt als Opfer? Auch dies ist in der StPO geregelt – dort wird anstatt „Opfer“ der Begriff „Verletzte“ benutzt, gemeint ist aber das gleiche: Geregelt ist der Begriff des Verletzten hier:
§ 373b StPO – Begriff des Verletzten
(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind Verletzte diejenigen, die durch die Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, in ihren Rechtsgütern unmittelbar beeinträchtigt worden sind oder unmittelbar einen Schaden erlitten haben.
(2) Verletzten im Sinne des Absatzes 1 gleichgestellt sind
1. der Ehegatte oder der Lebenspartner,
2. der in einem gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefährte,
3. die Verwandten in gerader Linie,
4. . die Geschwister und
5. die Unterhaltsberechtigten
einer Person, deren Tod eine direkte Folge der Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, gewesen ist.
Opfer – bzw. Verletzte wie sie in der Strafprozessordnung genannt werden, können beantragen, dass Ihnen der Stand und das Ergebnis bzw. das Urteil des jeweiligen Verfahrens mitgeteilt wird. Neben Informationen über die mögliche Einstellung des Verfahrens über den Termin und Ort der Hauptverhandlung bis hin zum ergangenen Urteil, können Geschädigte dabei unter anderem auch erfahren, ob dem Verurteilten im Rahmen von Vollzugslockerungen Hafturlaub oder ähnliches gewährt wird. Die genauen Regelungen dazu finden sich hier
§ 406d StPO - Auskunft über den Stand des Verfahrens
(1) Dem Verletzten ist, soweit es ihn betrifft, auf Antrag mitzuteilen:
1. die Einstellung des Verfahrens,
2. der Ort und Zeitpunkt der Hauptverhandlung sowie die gegen den Angeklagten erhobenen Beschuldigungen,
3. der Ausgang des gerichtlichen Verfahrens.
Ist der Verletzte der deutschen Sprache nicht mächtig, so werden ihm auf Antrag Ort und Zeitpunkt der Hauptverhandlung in einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt.
(2) Dem Verletzten ist auf Antrag mitzuteilen, ob
1. dem Verurteilten die Weisung erteilt worden ist, zu dem Verletzten keinen Kontakt aufzunehmen oder mit ihm nicht zu verkehren
Auch Opfer haben - entweder durch ihren Rechtsanwalt oder, wenn sie nicht anwaltlich vertreten sind auch persönlich das Recht, die Akten, die dem Gericht vorliegen einzusehen und Beweisstückte zu besichtigen. Näheres dazu regelt § 406e StPO.
§ 406e StPO Akteneinsicht
(1) Für den Verletzten kann ein Rechtsanwalt die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, einsehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigen, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. In den in § 395 genannten Fällen bedarf es der Darlegung eines berechtigten Interesses nicht.
(2) Die Einsicht in die Akten ist zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann versagt werden, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, gefährdet erscheint. 3Sie kann auch versagt werden, wenn durch sie das Verfahren erheblich verzögert würde, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft in den in § 395 genannten Fällen den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat.
(3) Der Verletzte, der nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 und 2 befugt, die Akten einzusehen und amtlich verwahrte Beweisstücke unter Aufsicht zu besichtigen. 2Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten übermittelt werden. 3§ 480 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für die in § 403 Satz 2 Genannten.
(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar, solange die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.
Opfer haben das Recht sich rechtsanwaltlich vertreten und bei Vernehmungen begletiten zu lassen. Zudem können Sie auf Antrag als Unterstützung auch eine vertraute Person zur Vernehmung mitbringen.
§ 406f StPO Verletztenbeistand
(1) Verletzte können sich des Beistands eines Rechtsanwalts bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen. Einem zur Vernehmung des Verletzten erschienenen anwaltlichen Beistand ist die Anwesenheit gestattet.
(2) Bei einer Vernehmung von Verletzten ist auf deren Antrag einer zur Vernehmung erschienenen Person ihres Vertrauens die Anwesenheit zu gestatten, es sei denn, dass dies den Untersuchungszweck gefährden könnte. Die Entscheidung trifft die die Vernehmung leitende Person
Für Opfer kann das Strafverfahren eine zusätzliche Belastung sein - um diese Abszumildern haben sie das Recht, auf eine/n ausgebildeten psychosozialen Prozessbegleiter:in, die sie über Hilfsangebote und die Verfahrensabläufe informiert und Sie während und anschließend an das Verfahren auch persönlich begleitet. Unter bestimmten Voraussetzungen - letztlich entscheidet das Gericht darüber - ist diese Begleitung kostenlos. Nähere und mehrsprachige Informationen zum Thema und zur Beantragung ("Beiordnung") einer psychosozialen Prozessbegleitung finden sich hier.
§ 406g StPO Psychosoziale Prozessbegleitung
(1) Verletzte können sich des Beistands eines psychosozialen Prozessbegleiters bedienen. Dem psychosozialen Prozessbegleiter ist es gestattet, bei Vernehmungen des Verletzten und während der Hauptverhandlung gemeinsam mit dem Verletzten anwesend zu sein.
(2) Die Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung sowie die Anforderungen an die Qualifikation und die Vergütung des psychosozialen Prozessbegleiters richten sich nach dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2525, 2529) in der jeweils geltenden Fassung.
(3) Unter den in § 397a Absatz 1 Nummer 4 und 5 bezeichneten Voraussetzungen ist dem Verletzten auf seinen Antrag ein psychosozialer Prozessbegleiter beizuordnen. Unter den in § 397a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen kann dem Verletzten auf seinen Antrag ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet werden, wenn die besondere Schutzbedürftigkeit des Verletzten dies erfordert. Die Beiordnung ist für den Verletzten kostenfrei. 4Für die Beiordnung gilt § 142 Absatz 5 Satz 1 und 3 entsprechend. 5Im Vorverfahren entscheidet das nach § 162 zuständige Gericht.
(4) Einem nicht beigeordneten psychosozialen Prozessbegleiter kann die Anwesenheit bei einer Vernehmung des Verletzten untersagt werden, wenn dies den Untersuchungszweck gefährden könnte. Die Entscheidung trifft die die Vernehmung leitende Person
Opfer (bzw. Verletzte), die berechtigt sind eine Nebenklage einzureichen (darüber entscheidet im Zweifel das Gericht) dürfen - auch wenn sie selbst als Zeugen geladen sind - an der Hauptverhandlung teilnehmen, sich rechtsanwaltlich vertreten lassen und können ggf. Prozesskostenhilfe erhalten.
§ 406h StPO Beistand des nebenklageberechtigten Verletzten
(1) Nach § 395 zum Anschluss mit der Nebenklage Befugte können sich auch vor Erhebung der öffentlichen Klage und ohne Erklärung eines Anschlusses eines Rechtsanwalts als Beistand bedienen oder sich durch einen solchen vertreten lassen. Sie sind zur Anwesenheit in der Hauptverhandlung berechtigt, auch wenn sie als Zeugen vernommen werden sollen. Ist zweifelhaft, ob eine Person nebenklagebefugt ist, entscheidet über das Anwesenheitsrecht das Gericht nach Anhörung der Person und der Staatsanwaltschaft
Opfer (bzw. Verletzte) haben ein Recht darauf möglichst frühzeitig, regelmäßig schriftlich und soweit wie möglich in einer für sie verständlichen Sprache über ihre Befugnisse und Rechte im Strafverfahren informiert zu werden.
§ 406i - Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse im Strafverfahren
(1) Verletzte sind möglichst frühzeitig, regelmäßig schriftlich und soweit möglich in einer für sie verständlichen Sprache über ihre aus den §§ 406d bis 406h folgenden Befugnisse im Strafverfahren zu unterrichten und insbesondere auch auf Folgendes hinzuweisen:1. sie können nach Maßgabe des § 158 eine Straftat zur Anzeige bringen oder einen Strafantrag stellen
Auch außerhalb des Strafverfahrens haben Opfer klar definierte Rechte - von der Beantragung von Anordnungen gegen den Beschuldigten (zum Beispiel der Anordnung sich nicht in einem bestimmten Radius der Wohnung oder dem Arbeitsplatz des Opfers zu nähern) über mögliche Versorgungs- und Entschädigungsansprüche bis hin zur Unterkunft in einer Schutzeinrichtung (z.B. Frauenhaus). Hier die genauen Regelungen:
§ 406j - Unterrichtung des Verletzten über seine Befugnisse außerhalb des Strafverfahrens
Verletzte sind möglichst frühzeitig, regelmäßig schriftlich und soweit möglich in einer für sie verständlichen Sprache über folgende Befugnisse zu unterrichten, die sie außerhalb des Strafverfahrens haben:1. sie können einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, soweit er nicht nach Maßgabe der §§ 403 bis 406c und des § 81 des Jugendgerichtsgesetzes im Strafverfahren geltend gemacht wird, auf dem Zivilrechtsweg geltend machen und dabei beantragen, dass ihnen für die Hinzuziehung eines anwaltlichen Beistands Prozesskostenhilfe bewilligt wird
Wer selbst oder als Angehöriger durch eine Gewalttat einen gesundheitlichen Schaden erlitten hat, dem stehen möglicherweise Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG – ab 2024 SGB XIV) zu.
Ziel des Gesetzes ist es, die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen solcher Taten auszugleichen - und dies durch eine verschiedene Unterstützungsleistungen, von der Heil- und Krankenbehandlung bis hin zu Entschädigungszahlungen für Geschädigte und Hinterbliebene.
Einen Überblick über das deutsche Opferentschädigungsrecht finden Sie auf dieser Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.
Opfer extremistischer Übergriffe und Opfer terroristischer Straftaten können zudem beim Bundesamt für Justiz eine sogenannte Härteleistung beantragen. Dabei handelt es sich um finanzielle Mittel, die vom Deutschen Bundestag jedes Jahr zur Verfügung gestellt werden und betroffenen möglichst kurzfristig auf direktem Weg zukommen sollen. Nähere Informationen dazu finden sich hier auf der Seite des Bundesministeriums für Justiz.